Metzeler Sportec M7RR

Da ist er, der vollmundig von Metzeler angekündigte Nachfolger des Sportec M5. RR als klares Bekenntnis zu "RoadRacing". Wir sind gespannt und montieren uns das Vorderrad als 120/70 ZR 17 Typ: M, welches Serie ist und nur eine Mischung auf der Lauffläche trägt und den Serien- Hinterradreifen in 160/60 ZR 17, der als 2-Komponentenreifen standardmäßig gefertigt wird.

Der Hinterradreifen besitzt eine härte Mischung in der Mitte der Lauffläche, die etwa 2-3 cm breit ist, der Rest besteht aus der weichen Mischung bis an die Reifenkante.

Die Karkassen fallen bei der Montage nicht übermäßig auf, zumindest im Vergleich zum alten M5.

Auf zur Probefahrt: Eines ist sofort klar, das Fahrwerk muss angepasst werden, weil der Hinterradreifen extrem spitz baut: Negativ- Federweg mit aufgesetztem Fahrer gemessen und siehe da, die Motorradnase muss ein gutes Stück hoch genommen werden; am Ende ist es fast 1 cm!

Maschine ist jetzt in der Balance und los geht´s. Angefahren ist der M7RR schnell, nimmt ebenfalls sehr schnell Temperatur an und siehe da, die leichte pelzige Wahrnehmung vom M5- Vorderrad ist weg konstruiert! Der Reifen ist sehr agil, reagiert prompt und hält die Linie recht präzise.

Erstes Empfinden ist jedoch, dass man eine künstliche "Gierigkeit" des Vorderrades konstruiert hat, was ab und an an Michelin´s Vorderradreifen erinnert, welche z. T. gnadenlos in´s Kurveninnere ziehen. Beim M7RR ist es etwas anders; er zieht nicht wirklich, aber eine klare Erdung - je nach Schräglagenwinkel - ist nicht vorhanden. Der Vorderrad- Reifen ist an den Flanken nie in dem Bereich, den ich als "satt" liegend bezeichnen würde. Er vermittelt stets, dass er jederzeit dazu "bereit" ist, die Schräglage zu erweitern, aber sich auch jederzeit wieder aufrichten lassen kann; eine etwas ausgeprägtere "Trägheit" wäre mir persönlich hier lieber gewesen - satt liegend, eben.

Das Hinterrad verfügt durch seine sehr spitze Kontur über sehr große Auflageflächen und verwöhnt durch hohen Grip. Da die harte Mischung nur in der Reifenmitte, und somit nur beim Beschleunigen in voller Aufrichtung zum tragen kommt, ist ihr eine gute Haltbarkeit des Reifens zuzuschreiben. Die weiche Mischung kommt gut mit hohen Temperaturen klar, aber "auf der letzten Rille" werden die Profileinschnitte doch schnell zum Sägezahn, die aber erst mal keine Unruhe am Hinterrad provozieren.

Dennoch, über alles betrachtet, ist die Paarung von Vorderrad- und Hinterradreifen suboptimal. Das Hinterrad bekommt einfach nicht die Gelegenheit, seine volle Performance zu zeigen, weil das Vorderrad eben diese Vorstellung verhagelt. Es stellt sich keine "satte Lage" des Motorrades ein, die man benötigt, eine klare, sauber und schnelle Linie einzuleiten. Das zeigt sich sowohl in langgezogenen Kurven, als auch in extrem kurvigen Strecken, die ein stetiges Umlegen, Anbremsen und Beschleunigen - wie z. B. in Luxemburg zwischen Kautenbach und Wilz. Das Vorderrad ist hierfür einfach zu indifferent konstruiert - hier hat Metzeler sich wahrscheinlich zu sehr verunsichern lassen, endlich mal einen Reifen zu bauen, der nicht von jedem 3. Kunden als träge bezeichnet wird; aber eines ist klar: mit Unhandlichkeit kann man leben, in dem man das Fahrwerk auf Handlichkeit trimmt, wenn dann der Reifen seine Vorzüge vollends präsentieren kann. Diese Auslegung ist einfach homogener!

Derzeit haben wir eine Laufleistung von knapp 3.000 Km erreicht und der Reifen hat noch Luft bis zur Verschleißgrenze.

Update:

Heute war eine wunderbare Gelegenheit, dem M7RR bei Regen und Nässe auf den Zahn zu fühlen; teilweise hat es geregnet wie aus Eimern, mit tatsächlichem Aquaplaning und zum teil war es einfach nur feucht oder am Abtrocknen.

Leichte Nässe und feuchte Strassen kann der M7RR ab, alles darüber mag vor allem das Hinterrad absolut nicht; mein Eindruck ist, dass der Reifen abrupt aus seinem Temperaturfenster gekickt wird und dann kommt die mittige harte Mischung null mit Nässe klar - noch mal zur Erinnerung, wie fahren mit einer Yamaha TRX 850, 83 PS, 91 Nm, und keiner 1000er Fireblade oder einer R1! Trotzdem dreht das Hinterrad munter durch, die Drainagewirkung ist einfach zu schlecht und das Höhengefälle zwischen mittiger harter Mischung und der weichen Mischung an den Flanken ist einfach schon zu groß. Selbst in zarter Schräglage verliert die weiche Mischung schon zu viel Temperatur und vom hoch gepriesenen Silika- Anteil ist nix zu spüren, der Reifen schafft keine wirkungsvolle Verzahnung mit der Strasse.

Das Vorderrad kommt deutlich besser mit Nässe zurecht, weil, gemessen an der Fläche, es sich deutlich mehr Profilschnitte in der Lauffläche befinden, die auch enger zusammen liegen. Trotzdem schafft das Vorderrad ebenfalls nicht, den Reifensatz in den Bereich "Gut bei Nässe" zu retten.

Der Reifen geht jetzt langsam aber bestimmt Richtung Verschleißgrenze. Derzeit haben wir 3.200 Km erreicht, bei 3.500 Km werden 1,6 mm erreicht sein. Die Abriebbilder sind jedoch komplett anders gelagert:
Das Hinterrad ist fast verschlissen, das Vorderrad hat noch Luft. Wie bei allen Reifen mit unterschiedlichen Mischungen, mit Ausnahme des Dunlop Sportmax Sportsmart 2 und weitestgehend beim Michelin Pilot Power 3, bauen die harten Mischungen nicht harmonisch ab und beeinflussen das gesamte Fahrverhalten, oft negativ.


Haltbarkeit:befriedigend bis gut
Handling:befriedigend
Lenkpräzision:befriedigend
Kurvenstabilität:befriedigend
Grenzbereichsverhalten:befriedigend bis gut

Fazit:
Schade, gerade ich, als alter Fan von Metzeler, bin in der Tat enttäuscht. Da wäre mehr gegangen! Zu indifferent das Vorderrad, zu sportlich ausgelegt das Hinterrad => die wahre Pracht der Disharmonie! Und das Nässeverhalten macht dem M7RR dann noch komplett die Bewertung kaputt. Ich hatte RR (RoadRacing) erwartet - das konnte der gute alte Sportec M3 besser, in jeder Hinsicht!

Tester: Sascha Hannen